Sackschlepper, Sonnenbankaufsteller und Soul-Sensation, Hafen-Malocher und Lyrik- Rezitator, Fabrik-Besetzer, Gelegenheits-Weihnachtsmann und Deutschlands Antwort auf George Clooney – was ist Stefan Gwildis nicht alles schon gewesen. Dieser Charmebolzen von einem Entertainer, dieses wandelnde Gesamtkunstwerk aus heimeliger Seelenruhe, original Hamburger Schmodder und einem großen Schuss amüsierter Unberechenbarkeit. Und was heißt überhaupt „gewesen“: Er ist das alles ja noch, irgendwie zumindest, und immer mal wieder. So, wie es ihm gerade gefällt.
„Ich hatte immer schon Bock, verschiedene Sachen zu machen“, sagt Stefan Gwildis nur und lacht. Verschiedene Sachen, die zu noch mehr Ideen und schließlich zu unendlich vielen erzählenswerten Geschichten führten. Fast zu viel für nur ein Leben – und allemal genug für einen zum Bersten gefüllten Abend: „Das war doch grad ’erst eben – 50 Jahre auf der Bühne“ ist weit mehr als ein Konzert, es ist eine wunderbare Mixtur aus Hits und noch zu hebenden Schätzen, aus Bildern und Anekdoten, aus Songs und Szenen, eine multimediale, aber sehr analoge Revue des gwildis’schen Schaffens.
In seiner klingenden Werkschau lustwandelt Stefan Gwildis sehr freihändig zwischen den verschiedensten Stationen seiner Karriere, den vielen, lebensprägenden „ersten Malen“, die dem Leben eben so widerfahren: Die erste große Liebe mit Anna, eine Geschichte wie in „Me and Mrs Jones“. Das erste selbstgebaute Instrument, ein Bass aus Besenstiel, einer Tee-Kiste Marke „Tagtraum“, Hupen, Tröten, diversem Schlagwerk – und mit Regenschirm als Reminiszenz an das Hamburger Wetter. Es geht um den ersten selbst gewechselten Reifen im väterlichen Betrieb, um die erste eigene Gitarre. Und, natürlich, um das erste Mal auf der Bühne – die, streng genommen, gar keine war.
„Meine erste Bühne, das war die Straße“, erzählt Stefan Gwildis mit seinem warmen, lebensgegerbten Bariton, der die Gläser in den Vitrinen erzittern lässt. „Mein Kumpel Michi Reincke hatte gesagt: Stefan, wenn Du wissen willst, ob es irgendwen interessiert, was Du so machst, dann stell Dich auf die Straße und probier es aus! Also stand ich da, in der Fußgängerzone vor Karstadt-Wandsbek, mit zarten 15 Jahren und all den Songs meiner Helden, die ich mir draufgeschafft hatte. Das war die Stunde Null. Und: Es hat keine Sau interessiert! Niemand ist stehen geblieben – und ich glaube, genau das hat mich gereizt. Was, verdammt noch mal, muss man tun, dass die Menschen stehen bleiben?“